Windows-Fälschungen: “PC Fritz”-Chef Sechs Jahre Haft

Auf wilden Partys mit Prominenten wie DSDS-Star Joey Heindle (rechts) warb Mark Mahlow für seinen Online-Shop PCFritz. (Quelle: pcfritz.de)
Auf wilden Partys mit Prominenten wie DSDS-Star Joey Heindle (rechts) warb Mark Mahlow für seinen Online-Shop PCFritz. (Quelle: pcfritz.de)

Erst sollten es knapp fünf Jahre sein, nun muss der mutmaßliche Chef betrügerischen Online-Händlers PC Fritz womöglich mehr als sechs Jahre hinter Gitter. Der Haftbefehl ist gegen eine hohe Kaution aktuell ausgesetzt (Stand: Juli 2015). Das Unternehmen geriet wegen Raubkopien von Windows-Softwareprogrammen ins Visier der Ermittler, doch verurteilt wurde der 31-jährige Angeklagte Firat C. wegen Untreue und – Steuerhinterziehung. Al Capone lässt grüßen.

Die „Al Capone Verurteilung“

Der Gangsterboss Al Capone wurde 1931 wegen Steuerhinterziehung zu elf Jahren Haft und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Seine übrigen Vergehen konnten nicht oder nicht gerichtsfest nachgewiesen werden, dabei war Al Capone einer der ersten Vertreter der organisierten Kriminalität im großen Stil. Doch den Steuerbetrug konnte man wenigstens zu einem gewissen, relevanten Teil wasserdicht belegen. Das genügte den Richtern für die Verurteilung. Natürlich wusste jedermann, worum es eigentlich ging: Man wollte einen gefährlichen Gangster aus dem Verkehr ziehen, der immer wieder durch zu weite Maschen des Gesetzes schlüpfte. Aber nur die Finanzbehörden der meisten soliden Staaten sind so gut organisiert, dass ihnen kaum jemand entgeht. Wenn es der Staat darauf ankommen lässt, sitzt er hier am längeren Hebel. Das gilt auch im Jahr 2015 für Deutschland, es erhält eine neue Bedeutung für die relativ neue Form des Internet-Betruges. Online-Kriminalität wirksam zu bekämpfen und Software-Lizenzen zu schützen muss als schwierig gelten. Steuerbetrug aber ist vergleichsweise leicht aufzudecken. An dieser Stelle setzten die Richter auch im Fall von PC Fritz an.

Was konnte belegt werden?

Das Landgericht Halle wies lückenlos die Veruntreuung von etwa 900.000 Euro nach. Dafür sind unter anderem auch Steuern zu entrichten, die bei einem geschätzten Satz von mindestens 50 % (nämlich Einkommens-, Umsatz- und Gewerbesteuer) eine Dimension von 400.000 bis 500.000 Euro erreichen könnten. Das reicht, um einen nicht braven Steuerbürger lange genug wegzuschließen. Besonders die Mehrwertsteuer will der Staat um jeden Preis und bis zum letzten Cent erhalten, ihre Hinterziehung ist immer ein Straftatbestand (bei der Einkommensteuer ist es mehr oder weniger strafbare „Steuerverkürzung“). Der gewerbsmäßige Betrug, die Untreue und die Urheberrechtsverstöße wurden im Prozess zwar verhandelt, jedoch hätten sie nicht das hohe Strafmaß bewirkt. Das erste Urteil im März 2015 lautete: Gefängnisstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Ende Mai 2015 erhöhten die Richter auf neue Anträge der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung hin jedoch das Strafmaß auf sechs Jahre, drei Monate. Dieses Strafmaß lag in der Mitte der beiden Anträge von Staatsanwälten und Verteidigern. Wann der Verurteilte die Haftstrafe antritt, ist noch unklar. Der Haftbefehl ist gegen die Kaution von einer halben Million Euro ausgesetzt.

Microsoft begrüßt die Verurteilung

Ein Sprecher des Microsoft-Konzerns begrüßte die Verurteilung und deutete sie als das, was sie wirklich ist: ein Warnsignal an Software- und Online-Betrüger. Der Vertrieb gefälschter Software sei kein Kavaliersdelikt, hieß es aus dem Hause Microsoft. Er ist aufzuklären, die Staatsanwaltschaft Halle hatte etwa zwei Jahre nach einer Anzeige von Microsoft gegen die beiden Täter ermittelt. Sie hatten ihre Produkte in Osteuropa fälschen lassen und dann unter anderem das Betriebssystem Windows 7 für nur 20 Euro verkauft, einem absoluten Dumpingpreis. Die Gesamteinnahmen aus dem Betrug könnten sich auf über neun Millionen Euro belaufen, doch das ist wohl nur schwer nachzuweisen. Der zweite Täter war der Geschäftsführer Maik Mahlow, der als erster nach einem anonymen Hinweis gefasst worden war und dann gründlich ausgepackt hatte. Die Presswerke für die illegalen Software-DVDs hatten in der Ukraine gestanden, der Vertrieb wurde online kräftig angekurbelt und mit rührenden Storys untersetzt („Maik Mahlow krebskrank“). Mahlow befindet sich nun in einem Zeugenschutzprogramm. Das ist die moderne Kriminalität des 21. Jahrhunderts. Al Capone grüßt lächelnd aus dem Grab.

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